
Pattaya-Polizei nimmt „Kokosnussbaum-Frauen“ bei Großrazzia am Strand ins Visier
Mehr als 50 Polizeibeamte durchkämmten in einer nächtlichen Großoperation den Pattaya Beach und nahmen dabei Prostituierte ins Visier, die lokal als „Kokosnussbaum-Frauen“ bekannt sind und unter den Palmen entlang des beliebten Touristenstreifens arbeiten.
Die Operation, unterstützt von Touristenpolizei und Einwanderungsbeamten, führte zu über 50 Festnahmen von Frauen und Transgender-Personen, die entlang der Strandpromenade tätig waren. Die Verhafteten mussten Bußgelder zahlen, während ausländische Staatsangehörige in ein Überwachungssystem eingetragen wurden, um ihre Bewegungen zu verfolgen.
Eine vertraute Szene
Die sogenannten Kokosnussbaum-Frauen sind seit Jahrzehnten Teil von Pattayas nächtlicher Landschaft. Sie bieten ihre Dienste diskret unter den schattigen Palmen an, die den Strand säumen, und haben ihren Spitznamen von ihren Stammplätzen unter den Kokospalmen erhalten.
Dies war nicht die erste Razzia dieser Art – ähnliche Polizeioperationen finden seit über 40 Jahren statt. Das Problem scheint jedoch zu bestehen, da viele Sexarbeiterinnen kurz nach dem Abzug der Polizei zu ihren gewohnten Plätzen zurückkehren.
Die Razzia stieß auf scharfe Kritik und Spott in sozialen Medien wie Facebook und X (ehemals Twitter). Innerhalb weniger Stunden nach der Operation posteten Nutzer Fotos, die vertraute Gesichter wieder unter den Kokospalmen zeigten, begleitet von sarkastischen Kommentaren.
Pattayas Ruf
Pattayas Ruf als Party- und Sextourismus-Destination ist weltweit bekannt – genau das wollen die Stadtverantwortlichen ändern. Die Razzia sollte ein Signal senden, dass Pattaya sicherer und familienfreundlicher werden möchte.
Kritiker argumentieren jedoch, dass solche Aktionen nur oberflächlich sind und die wahren Probleme unberührt lassen – nämlich Armut und fehlende Alternativen für die Sexarbeiterinnen. Ohne nachhaltige Maßnahmen wird Pattaya weiterhin mit seinem Imageproblem kämpfen.
Trotz des Spotts in sozialen Medien verteidigten die Behörden ihre Operation. Die Polizei betonte, dass die Razzia Teil eines größeren Plans sei, die öffentliche Sicherheit zu erhöhen und das Vertrauen der Touristen wiederherzustellen.
Die Prostitution ist tief in Pattaya verwurzelt, wobei viele der Kokosnussbaum-Frauen keinen anderen Weg sehen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ohne Sozialprogramme oder alternative Jobmöglichkeiten wird sich der Kreislauf wahrscheinlich nicht durchbrechen lassen.
Das strukturelle Dilemma einer Tourismusstadt im Wandel
Der jüngste Polizeieinsatz gegen die „Kokosnussbaum-Frauen“ in Pattaya offenbart ein tieferliegendes gesellschaftliches Problem, das weit über die unmittelbaren Auswirkungen einer nächtlichen Razzia hinausgeht. Pattayas Versuche, sich von seinem Image als Sextourismus-Hochburg zu lösen, stehen exemplarisch für die Herausforderungen, denen sich viele ehemalige „Sin Cities“ in Südostasien gegenübersehen.
Die Ironie liegt in der Tatsache, dass Pattaya seine wirtschaftliche Entwicklung zu einem großen Teil genau jenem Ruf verdankt, den es nun abzuschütteln versucht. Seit den 1960er Jahren, als amerikanische Soldaten während des Vietnamkriegs hier Erholung suchten, entwickelte sich die Stadt zu einem Magnet für internationale Besucher, die mehr als nur Sonne und Strand suchten. Diese historische Prägung lässt sich nicht durch vereinzelte Polizeiaktionen rückgängig machen.
Die „Kokosnussbaum-Frauen“ sind dabei nur die sichtbarste Spitze eines komplexen sozioökonomischen Eisbergs. Viele dieser Frauen stammen aus ländlichen Gebieten Nord- und Nordostthailands, wo Armut und begrenzte Bildungsmöglichkeiten sie in die Städte treiben. Pattaya bietet ihnen – trotz aller Risiken – eine Chance auf ein Einkommen, das ihre Familien zu Hause unterstützen kann. Diese wirtschaftliche Realität wird durch sporadische Razzien nicht verändert.
Die Reaktionen in sozialen Medien, die die Behörden verspotten, spiegeln eine weit verbreitete Skepsis gegenüber der Ernsthaftigkeit der Reformbemühungen wider. Viele Einheimische und langfristige Besucher sehen in solchen Aktionen lediglich Theater für die Medien, das die eigentlichen Probleme nicht angeht. Diese Wahrnehmung untergräbt die Glaubwürdigkeit der Behörden und erschwert echte Veränderungen.
Besonders problematisch ist die fehlende Koordination zwischen verschiedenen Politikbereichen. Während die Polizei Sexarbeiterinnen verhaftet, unternimmt die Stadtverwaltung wenig, um alternative Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen oder Bildungsprogramme zu fördern. Diese Fragmentierung führt zu widersprüchlichen Signalen und verhindert nachhaltige Lösungen.
International beobachten Stadtplaner und Tourismusexperten Pattayas Transformationsversuche mit Interesse. Ähnliche Herausforderungen zeigen sich in anderen Destinationen wie Amsterdam, Las Vegas oder bestimmten Vierteln in Manila. Der Schlüssel liegt oft in einer schrittweisen Diversifizierung der touristischen Angebote, gepaart mit robusten Sozialprogrammen für gefährdete Bevölkerungsgruppen.
Die COVID-19-Pandemie hat Pattaya eine ungewollte Atempause verschafft, die für strukturelle Reformen hätte genutzt werden können. Stattdessen konzentrierten sich die Behörden hauptsächlich darauf, die traditionelle Tourismusbranche wiederzubeleben, ohne die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Probleme anzugehen.

